„Kirche ist nur offen, wenn Du sie aufmachst!“
Unterwegs mit der wohl kleinsten Klosterkemenate der Welt, dem ruhe.pol-Mobil
Mit seinem ruhe.pol-Mobil, „einem fahrbaren Minitaturkloster“, ist Jörg Willerscheidt auf besonderer Mission. Er will zum einen die Möglichkeit zur Einkehr im hektischen Tourismus-Betrieb geben und zum anderen hinhören, was insbesondere junge Menschen bewegt. Über allem steht seine Überzeugung: „Kirche ist nur offen, wenn Du sie aufmachst!“
Jörg Willerscheidt arbeitet als Tourismusseelsorger und Gemeindereferent in Winterberg und lebt außerdem nach Feierabend seine Indierock-Leidenschaft als Frontman der Band „Bad Moon“ aus. Beides gehört unbedingt zu ihm und muss darum erwähnt werden. Im ruhe.pol ist er außerdem immer öfter gemeinsam mit seinem Freund André Stielicke unterwegs, erfolgreicher Gastronom und ehrenamtliches Mitglied im Diözesankomitee, dem Laiengremium im Erzbistum.
Von fünf Minuten innerer Einkehr bis hin zum Gespräch über Gott und die Welt
Hinter dem Projekt ruhe.pol-Mobil, das Ende 2017 erstmals auf Fahrt ging, stehen neben dem Erzbistum, das den Umbau des Renault Masters (Baujahr 2014) finanziell unterstützte, das gesamte Dekanat Hochsauerland-Ost, das Gemeindeteam in Winterberg ebenso wie die Touristiker. „Der ruhe.pol fordert nichts und fordert dennoch heraus. Einzelmeditation, seelsorgliches Gespräch oder aber Plaudern über Gott und die Welt – so wie es der Gast wünscht“ – so war es im Konzept angelegt, mit Schwerpunkt auf Touristen. Längst aber wird der ruhe.pol auch von den Einheimischen stark nachgefragt. Sie haben gemerkt: Dieses kleine Mobil hat Einkehr, Gemeinschaft und ganz viel tiefe Kommunikation im Gepäck. Sogar einen Altar beherbergt der Innenraum – und Stühle. „Wir können Gottesdienste drinnen feiern und haben das auch schon gemacht, zum Beispiel bei der Sommerkirche im Kurpark Winterberg. Sie findet übrigens auch 2025 wieder statt. Im gesamten August, immer sonntags um 11.00 Uhr“, sagt Jörg Willerscheidt. Die Initialzündung zum Mobil erlebte er im März 2017 bei der Messe „Kirche und Tourismus“ in Wismar. „Ich habe dort einen Messestand gesehen, der eine Klosterzelle darstellte, und dachte, das machen wir auf dreieinhalb Quadratmetern!“ Er schrieb gemeinsam mit den kirchlichen Gremien in Winterberg das Konzept, eine heimische Schreinerei baute nach dem Plan einer Innenarchitektin den Bulli aus. Die Innenausstattung ist einer Klosterzelle nachempfunden: puristisch, aber mit allem bestückt, was nötig ist. Ganz besonders: Der meditative Ohrensessel, dessen Lehne ein Gesicht darstellt. Man sitzt sozusagen im eigenen Kopf und hört meditative Musik oder schaut einen Film. Dazu beruhigende Düfte. „Dies alles lässt die Besucher für einen kurzen Moment den Alltag und die Umwelt vergessen und die eigene spirituelle Mitte erahnen!“
Große Nachfrage von Schulen oder für Jugendveranstaltungen
Ob an Schulen, bei Stadt- und Gemeindefesten oder in der Sakramenten-Pastoral: Die wahrscheinlich kleinste mobile Klosterkemenate der Welt findet ihren Weg überall hin. Und sie wird stark nachgefragt, Mehrmals im Monat sind die beiden Freunde mittlerweile im ruhe.pol-Mobil-unterwegs. Ihre Mission: „Spiritualität und Offenheit für Menschen bieten, Kulturkirche leben!“ Insbesondere die Jugendlichen nehmen sie dabei in den Fokus. Das hier ein großes Interesse besteht, stellte sich von Beginn an heraus. In der Fastenzeit 2019 etwa war der ruhe.pol von der Fachschaft Religion am Gymnasium Petrinum Brilon eingeladen worden. An zwei Tagen nutzten rund 80 Schüler die Möglichkeit zur Ruhe und Meditation. „Das war beeindruckend!“,freut sich Initiator Jörg Willerscheidt. Das Mobil wird zunehmend von Schulen und für Jugendveranstaltungen, angefragt, zuletzt war es einmal mehr beim „Pfingstival“ der Firmvorbereitung im Abenteuerdorf Bad Berleburg im Einsatz. „Am ruhe.pol oder auch am Lagerfeuer geht es über den Glauben ganz schnell in die Tiefe, bis hin zur Sexualität und zum Tod. Das sind sehr ergreifende Gespräche, in denen sich uns die Jugendlichen mit all ihren Themen und Sorgen anvertrauen“, sagt Jörg Willerscheidt und ergänzt: „Ich glaube, Kirche lässt sich öffnen, wenn wir als Christen das wollen.“ Der ruhe.pol ist über das Angebot zur Stille hinaus ein echter Kommunikationsort geworden. Gern nimmt der Tourismusseelsorger neben einem Priester auch engagierte Ehrenamtliche mit, wie eben seinen Freund André Stielicke. Für Jörg Willerscheidt ist die Transformation zu mehr Ehrenamtskirche ein Weg, der auch mit Blick auf die Jugendlichen gelingen kann. „Funfact“-Gottesdienste sind etwas, was ihm sehr gefällt, Liturgie zu feiern und sie dabei auch zu erklären. Und Willerscheidt schätzt die Ansprache, die André Stielicke als überzeugter Christ und Ehrenamtlicher findet: „Wenn man will, kann man ganz viel in der Kirche machen, auch als homosexueller Mann!“, sagt dieser. Sensible Pastoral ist ihr gemeinsames Anliegen und dazu gehört selbstverständlich und insbesondere, queer sensibel zu sein.
Hier sein, Kirche sein, wir sein und queer sein: Vier Leitsprüche am ruhe.pol-Mobil
Das ruhe.pol-Mobil ist an vier Seiten mit Leitsprüchen beklebt: „Hiersein kommt zu Dir“, „Wir sein kommt zu zu Dir“, „Kirche kommt zu Dir“ und „Queer sein kommt zu Dir“. So wichtig es den beiden war, Letzteres mit auf den kleinen Bus zu schreiben, so sehr möchten sie sich gleichzeitig nicht einengen und legen den Fokus auf Öffnung an sich. „Insbesondere auf die jungen Leute zuzugehen. Zu schauen, welche Talente wo verortet sind. In einem safer space auch Sorgen und Probleme anzusprechen und in die Tiefe zu gehen, die Menschen wirklich zu erreichen. Das ist unser besonderes Thema!“, erklären die beiden. Gleichzeitig sind und bleiben die Einsätze des ruhe.pols in der Heimatstadt. Sie kommen Touristen wie Einheimischen zugute. Sei es die Sommerkirche oder dies: An den letzten beiden Freitagen im Juli sowie den ersten beiden im August lädt die Gemeinde Winterberg von 18.30 bis 20:00 Uhr ab der Jakobus-Kirche zum „Meditativen Sundowner-Spaziergang – walk, drink & enjoy“.
Derweil hat Jörg Willerscheidt schon länger die nächste besondere Idee im Kopf: „Eine fahrbare mobile Kirchenbank zu bauen, wie ein langes Mofa.“ Erste Materialien sind besorgt.
Der ruhe.pol unterwegs
| Fastenzeit 2019 |
In nur zwei Tagen nutzten rund 80 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Petrinum Brilon die Ruhe-Möglichkeit. |
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Pfingstival 2025 |
Auch bei der Firmvorbereitung im Abenteuerdorf Bad Berleburg war der ruhe.pol im Einsatz. |
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Meditativer Sundowner-Spaziergang – walk, drink & enjoy |
Die letzten beiden Freitage im Juli sowie die ersten beiden im August lädt die Gemeinde Winterberg von 18.30 – 20 Uhr ab der Jakobus-Kirche zum „Meditativen Sundowner-Spaziergang – walk, drink & enjoy“. |
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Sommerkirche 2025 |
Die Sommerkirche im Kurpark Winterberg findet im gesamten August, immer sonntags um 11 Uhr statt. |
Ein Beitrag von: Sonja Funke
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