Kirchen und Kino. Der Filmtipp

»Kirchen und Kino. Der Filmtipp« präsentiert von Oktober 2024 bis Mai 2025 acht herausragende Filme

Die neue Staffel „Kirchen und Kino. Der Filmtipp“ präsentiert Filme, die auf eine intensive Reise einladen: in vergangene Zeiten, in verschiedenste Lebensumstände, zu den Schicksalen von Menschen. Die Themen reichen von der manchmal unkonventionellen Suche nach dem persönlichen Glück (Perfect Days, Mein fabelhaftes Verbrechen) oder der eigenen Identität (20.000 Arten von Bienen) über besondere zwischenmenschliche Begegnung (Rose, The Quiet Girl) bis hin zu starken Plädoyers gegen patriarchale Strukturen (Morgen ist auch noch ein Tag). Doch auch Aspekte wie Ignoranz, Hass und Verblendung (The Zone of Interest) oder Fluchterfahrung (Green Border) rücken in den Blick.

Die Programmauswahl lag bei einer Jury aus Vertreter/innen der kirchlichen Bildungs- und Medienarbeit sowie der beteiligten Kinos. Zur Wahl standen 28 Filme, die im vergangenen Kinojahr von der evangelischen und katholischen Filmkritik in Deutschland und der Schweiz als „Film des Monats“ oder als „Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ ausgezeichnet wurden. Insgesamt acht ausgezeichnete Filme können Sie in der neuen Staffel sehen.

Wir wünschen spannende Kinoerlebnisse!

Infos kurz & knapp:

Auf dieser Seite finden Sie alle Filme der aktuellen Staffel. Sie werden jeweils dienstags ab 19 Uhr im CINEPLEX BRILON (Keffelker Straße 62, 59929) gezeigt. Weitere Vorstellungen für Gruppen/ Schulen können in Absprache mit dem Kino gebucht werden.

Cineplex Brilon, Telefon: 02961 7869494, E-Mail: brilon@cineplex.de, www.cineplex.de/brilon

Eintritt: ab 8 Euro, für Schüler und Studenten ab 7 Euro. Überlängenaufschlag ab 121 Minuten (siehe Eintrittspreise unter www.cineplex.de/brilon/)

Weitere Infos gibt es bei  Pfarrer Jochen Andreas, E-Mail: pfarrer.andreas@pastoralverbund-brilon.de und bei Pfarrer Rainer Müller, E-Mail:  rmueller@kirchebrilon.de.

Alle Infos zu den Filmen dieser Staffel finden Sie unter kirchen-und-kino.de.

Welche Filme werden wann gezeigt?

Dienstag, 8.10.2024

Perfect Days

Japan/Deutschland 2023
Regie: Wim Wenders
Länge: 125 Min.

Ein Mann im mittleren Alter arbeitet als Toilettenreiniger in Tokio, wo er öffentliche Bedürfnisanstalten sauber hält. Auf dem Weg zur Arbeit hört er Musik auf Kassetten, er liebt Bücher und fotografiert gerne Bäume, besucht eine Badeanstalt und seine Stammkneipe. Mit seinem einfachen Leben scheint er zufrieden zu sein, doch eine Reihe von zufälligen Begegnungen erinnert ihn immer wieder auch an seine Vergangenheit.

Wim Wenders entfaltet seine filmische Hommage an sein Vorbild Yasujiro Ozu in eindrucksvoller Seelenruhe, in der Ansätze dramatischer Zuspitzungen hinter den sanften Gleichmut der Bilder zurücktreten müssen. Detailgenau in der Lebenswelt der Hauptfigur, weitet sich der Film zur liebevollen Kinofantasie eines Lebens, das sich in der Form, die es sich selbst gibt, genug ist.

Sehenswert ab 14

 

Dienstag, 12.11.2024

20.000 Arten von Bienen

Spanien 2023
Regie: Estibaliz Urresola Solaguren
Länge: 128 Min.

Das achtjährige Kind einer baskischen Familie wehrt sich dagegen, ein Junge zu sein, und will als Mädchen wahrgenommen werden. Seine hilflosen Eltern klammern sich zunächst an die Annahme, es nur mit einer Phase oder fixen Idee zu tun zu haben; beim Urlaub im Heimatort der Mutter offenbart sich die Identitätskrise aber immer stärker. Derweil haben auch die anderen Familienmitglieder mit ihrem Dasein zu ringen.

Ein vielschichtiges und differenziertes Drama, in dem die Identitätssuche eines Transkindes kunstvoll mit den anderen Erzählsträngen um die Familie verwoben ist. Der realitätsnahe Ansatz versagt sich einfache Lösungen und zeigt das Ringen um den richtigen Umgang als liebevollen, aber auch schmerzhaften Prozess.

Sehenswert ab 14

 

Dienstag, 3.12.2024

Mein fabelhaftes Verbrechen

Frankreich 2023
Regie: François Ozon
Länge: 102 Min.

Paris, 1935. Die junge, mittellose Schauspielerin Madeleine bekennt sich nach Absprache mit ihrer Zimmergenossin und Freundin, der ebenso mittellosen jungen Anwältin Pauline, des Mordes an einem Filmproduzenten schuldig. Tatsächlich war Madeleine zur Tatzeit in dessen Villa, weswegen sie auch von der Polizei verdächtigt wird. Aber begangen hat sie den Mord nicht. Madeleine und Pauline jedoch wittern in einem Auftritt vor Gericht eine Chance auf großes Medieninteresse und einen beruflichen Durchbruch. Sie plädieren auf Notwehr. Ihr Plan scheint aufzugehen. François Ozon (Regie und Drehbuch) besetzt die stilvoll ausgestattete Krimikomödie mit erfahrenen Stars des französischen Kinos (hinreißend: Isabelle Huppert als alternde Diva der Stummfilmzeit und Danny Boon als Bon-Vivant mit Clark-Gable-Bärtchen) und den Nachwuchstalenten Rebecca Marder als Pauline und Nadia Tereszkiewicz als Madeleine.

Das Spiel mit Lügen und Erfindungen beherrscht François Ozon (»Frantz«) perfekt. Selbst in seiner bekanntesten Komödie »8 Frauen« mischt er melancholische, tragische Momente. Diese erzählerische Meisterschaft zeigt er auch mit »Mon Crime«, dessen deutscher Titel »Mein fabelhaftes Verbrechen« die französische Komödie markiert. Dabei ist der Film sehr viel mehr. Er erzählt die Geschichte zweier Frauen, die sich nicht mit den herrschenden patriarchalischen Strukturen abfinden wollen. Madeleine lässt sich vom späteren Mordopfer nicht für ein Rollenangebot sexuell ausbeuten. Ebenso wenig will sie die Maitresse eines reichen Erben werden. Die Anwältin Pauline prangert die gesellschaftlichen Verhältnisse öffentlich an. Madeleine hingegen spielt von der Umgebung unbemerkt mit den Rollenerwartungen. Beide setzen geschickt die Presse als Meinungsmacher ein. So ist »Mon Crime« auch ein Beitrag zu #MeToo und eine Auseinandersetzung mit Medien und Öffentlichkeit. Vor allem ist es ein Film, der die Frage nach Freiheit und Selbstbestimmung auf äußerst fröhliche Art stellt.

Sehenswert ab 14

Dienstag, 14.1.2025

 

Rose - Eine unvergessliche Reise nach Paris

Dänemark/Frankreich 2022
Regie: Niels Arden Oplev
Länge: 106 Min.

Eine schizophrene Frau reist mit ihrer Schwester und deren Mann auf einer geführten Tour mit dem Bus nach Paris, wo sie dreißig Jahre zuvor eine unvergessliche Zeit verbrachte. Unterwegs und vor Ort mischt sie mit ihrer schonungslosen Offenheit die Mitreisenden auf, es kommt aber auch zu unerwarteten Annäherungen. Ein tragikomisches Road Movie, grandios gespielt und behutsam inszeniert, das zwischen Empathie und Pathos, Klischees und Wahrhaftigkeit die Balance wahrt. Ebenso berührendes wie verstörendes Wohlfühlkino.

Sehenswert ab 14

 

Dienstag, 11.2.2025

 

The Zone of Interest

USA/Großbritannien/Polen 2023
Regie: Jonathan Glazer
Länge: 105 Min.

In den 1940er-Jahren bewohnt die Familie des KZ-Kommandanten Rudolf Höß in unmittelbarer Nachbarschaft zum Vernichtungslager ein Haus mit einem großen Garten. Als Höß versetzt werden soll, droht das Familienidyll zu zerbrechen. Seine Frau weigert sich, ihr »Traumhaus« zu verlassen. Das historische Drama fußt auf dem gleichnamigen Roman von Martin Amis und seziert in nüchternen, undramatischen Bildern die verstörende Normalität der Täter, die sich im Schatten der Todesfabrik ein Paradies erschaffen haben. Die Radikalität und Wucht des schockierenden Films resultieren aus seinen schwer erträglichen Kippbildern zwischen Alltag und Schrecken, in die die Realität der Vernichtung nur über die Tonspur dringt.

Sehenswert ab 14

 

Dienstag, 11.3.2025

Morgen ist auch noch ein Tag

Italien 2023
Regie: Paola Cortellesi
Länge: 119 Min.

Italien, 1946. In einem Wohnblock in Rom lebt eine dreifache Mutter in einer gewalttätigen Ehehölle und träumt davon, tief verinnerlichte patriarchale Strukturen aufzubrechen.  Mit enormen Einfallsreichtum gelingt Multitalent Paola Cortellesi ein flammendes Plädoyer für Selbstbestimmung, dass in Italien zum Kassenschlager avancierte.

In einem römischen Wohnblock der Nachkriegszeit fristet die Ehefrau eines brutalen Mannes und Mutter von drei Kindern ein entbehrungsreiches Dasein, das geprägt ist von Arbeit, Verantwortung und Gewalt. Bis ein mysteriöser Brief eintrifft, der ihr den Mut gibt, alles über den Haufen zu werfen und sich ein besseres Leben zu wünschen. Das Regiedebüt der Multikünstlerin Paola Cortellesi, angesiedelt zwischen neorealistischem Drama, Musical und Komödie, proklamiert keinen Feminismus mit erhobenem Zeigefinger, sondern erzählt von den vielen kleinen Schritten auf dem langen Weg zur Emanzipation. Mit einem lakonischen, schulterzuckenden Humor gelingt ihr einer der erfolgreichsten Filme der italienischen Filmgeschichte.

Sehenswert ab 14

Dienstag, 8.4.2025

Green Border

Polen/Frankreich/Tschechien 2023
Regie: Agnieszka Holland
Länge: 152 Min.

Ein multiperspektivisch angelegtes Drama über die Versuche von Migranten, die Grenze zwischen Belarus und Polen zu überwinden. Für eine syrische Familie sowie eine Frau aus Afghanistan wird die Flucht angesichts der Brutalität, mit der die Migranten auf beiden Seiten zurückgetrieben werden, zur grotesken Höllenfahrt. Das in Schwarz-weiß gedrehte Drama ist ganz auf die Vorgänge in den Wäldern entlang der Grenze konzentriert und zeichnet die Aushöhlung von Menschenrechten mit aller Härte nach. Die harsche Anklage der europäischen Asylpolitik vollzieht sich filmisch als unnachgiebiger ästhetischer Großangriff. Durch den Blick auf das zivilgesellschaftliche Engagement von polnischen Aktivistengruppen endet der Film dennoch auf einer hoffnungsvollen Note.

Sehenswert ab 16

 

 

 

Dienstag, 6.5.2025

 

The Quiet Girl

Irland 2022
Regie: Colm Bairéad
Länge: 96 Min.

Als erneut Nachwuchs ins Haus steht, wird ein von der Familie vernachlässigtes irisches Mädchen über die Sommerferien zu Verwandten geschickt. Dort erfährt es eine Wärme und Zuneigung, die es aus seiner schmerzhaften Erstarrung befreien. Und doch gibt es auch in der Idylle der irischen Provinz Schmerz und Verlust. Der leise, zurückhaltende Film über eine Kindheit und die Poesie eines Sommers benötigt nur wenige Dialoge und nähert sich mit sensibler Bildsprache der Wahrnehmung seiner Hauptfigur an. Wohltuend unaufdringlich fügt das Drama dem Kino eine seltene Erzählung über die Perspektive eines jungen Mädchens hinzu.

Sehenswert ab 14